Montag, August 22, 2016

Morgenüberraschung mit RT-Deutsch

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Reto Andrea Savoldelli schickte mir ein Link zu einem Video mit dem Thema "Deutsch-russische Freundschaft":
In Erwartung erfrischender Nachrichten inmitten unserer gemächlich dem Abgrund entgegenschlitternden Welt klickte ich es an.
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Und etwas später tippte ich eine Antwort an Reto.
Raymond:

 Grad eben klickte ich das Link an, um mir das Video anzuschauen. Nach der dritten Minute - Zeitrafferaufnahme im Frisiersalon - brach ich ab. Hielt es nicht mehr aus. Werd auch nicht mehr versuchen, mir das anzuschauen.
Wieso macht man das? Muß doch nicht sein?
Du weißt, daß ich nichts für tierischen Ernst übrig habe und dazu neige, auch ernsthafte Themen mit einer gewissen Lockerheit anzugehen.
Aber das hier ist keine Lockerheit; das ist auf Lockerheit machender lärmiger Krampf.
Der Einstieg erinnerte mich spontan an ein Video, welches ich vor ein paar Jahren gesehen habe. Irgendein junges Gemüse war das, das man ins EU-Parlament gewählt hatte und das sich in schlecht gespielter Zufälligkeit im Parlamentsgebäude, sich lärmig umarmend, traf. Nun gut; das EU-Parlament ist auch so nicht ernst zu nehmen; da kommt es auf etwas mehr oder etwas weniger Idiotie nicht an.
Aber RT ist doch real eine wichtige und ernsthafte Sache, die man durch solches dilettantisches lärmiges Gemache doch nur unnötig diskreditiert? Oder?
Mist, verfluchter

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Worauf Reto antwortete:

Ja, du hast sowas von Recht. Ich gestehe, daß ich das rt-Video vor meinem erfolgten Hinweis - es war keine Empfehlung - mir nicht angesehen habe. Ich dachte bei mir, daß, wenn „Der fehlende Part“ in seiner inzwischen einzig erfolgenden Wochensendung freitags eine Serie über deutsch-russische Freundschaft beginnt, so müsse ich Dich im Zusammenhang deiner allgemeinen beruflichen und sonstigen Lebenssituation vor dem Übersehen dieses Faktums schützen.
Das hätte ich nicht tun brauchen. Das Video ist wirklich saudumm und oberdämlich (nichts gegen Damen), denn diese haben einfach nichts zu sagen, weder über Deutschland noch Rußland noch Freundschaft. Das Problem liegt beim Chef von rt-deutsch, der aus dem Hintergrund agiert und deshalb gern unbedarftem Gemüse vollkommen atypischen Langmut im Erproben vor Kameras zugesteht, weil dieser Schlag Jungvolk sich doch leicht führen und wieder andershalber abhalftern läßt (es gibt „Redaktoren“ - zB der gleichzeitig mit Jasmina gestartete männliche Pendant - die kommentarlos wiederum wegbleiben).
Auch die Aufnahme des „Kulturreports“ "Clash" ist eine kontrapoduktive Anbiederung an den schlechten Westgeschmack in der Hoffnung auf Massentauglichkeit des rt-Programms.
Sorry

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Meine Antwort (Raymond)

Wieso sorry? Nach den qualvollen drei Minuten dachte ich, du habest mir das Link geschickt, um mich darauf aufmerksam zu machen, was da für ein Mist produziert wird. Hattest es selbst also noch gar nicht angeschaut.
Aber trotzdem gut, daß ich diese Minuten durchlebt habe. Weiß nun immerhin, was los ist.
Bloß - was tut man da? Wie kann man die davon abbringen, eine sinnvolle, wichtige Sache durch solchen lärmigen oberflächlichen Dilettantismus kaputtzumachen?
♦ Der Teil des Publikums, auf dessen Geschmack diese lärmige Leere abgestimmt ist, ist für RT sowieso nicht mehr ansprechbar; die folgen brav ihren Wessi-Medien.
♦ Und den intelligenteren Teil des Publikums, der sich von den westlichen Leitmedien nicht an der Nase herumführen läßt - stößt solches Gemache nur ab.
Mist, verfluchter

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Reto schickte mir dann, unter anderem, ein Link zu der Seite von Wjatscheslaw Seewald, wo dieser sich mit den Problemen von RT-Deutsch auseinandersetzt: http://www.seewald.ru/rt-deutsch-ein-objektiver-und-neutraler-nachrichtensender/ Das schaute ich mir dann genauer an.

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Mein Kommentar an Reto:
Raymond:

Das ist deftig...
Die von Seewald lancierte Petition mit Bitte um Schaffung eines deutschsprachigen RT hab ich damals mit unterzeichnet; Seewald ist auch unter meinen Facebook-Kontakten. Seine Seite zur RT-Problematik seh ich zum ersten Mal.
Daß die RT-Petition Erfolg hatte, begrüßte ich; doch da ich sprachlich selbst nicht darauf angewiesen bin, kümmerte ich mich dann weiter nicht mehr darum.
Jene qualvollen drei Minuten von heute früh war mein erster Ausflug in die deutsche RT. Natürlich war mir sofort klar, daß das bei solchen Moderatorinnen nicht bloß ein einmaliger Ausrutscher sein kann; aber daß es so schlimm ist, hätte ich nicht gedacht.
Letztendlich nicht nur kein sinnvolles Gegengewicht gegen die westlichen Lügen, sondern bloß eine Erweiterung des deutschen Mediensumpfes.
Mist, verfluchter

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Eine weitere Hiobsbotschaft von Reto:

Jetzt mußt Du ganz stark sein, denn das Fremdschämen nimmt angesichts der "Kultursendung" von rt-deutsch heftige Dimensionen an.
"Clash" soll das Tor zur Popkultur für rt-deutsch weit aufstoßen.
Ein weiterer Griff in die Scheisse. Ich bin der Meinung, daß die unfreiwillig-tragikomische Note, welche die niveaulose Anbiederung an WestPop auszeichnet, System hat. Ich vermute, daß Ivan Rodionov bei rt-deutsch dafür verantwortlich ist.
Dies die letzte Sendung vor den Sommerferien von Clash:

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Ich bin verhältnismäßig stark; sonst würde ich das Leben, wie ich es nu mal führe, gar nicht aushalten. Aber jenes Clash-Link klicke ich erst an, wenn ich mich ganz besonders stark fühle; so stark, daß auch der größte Mist mir nicht mehr die Laune verderben kann.
Oder ich schau es mir überhaupt nicht an. Ja. Vermutlich schau ich es mir überhaupt nicht an; auch dann nicht, wenn ich mich ganz besonders stark fühle. Wenn besonders starke Kräfte ihres Einsatzes harren, nutz ich die besser für Sinnvolles.
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Warum baut man solchen Mist? Die Lage ist ernst. Und weil die Lage ernst ist, muß man sich an Menschen wenden, sich mit Menschen verbünden, die denken können und Verantwortung fühlen. Es gibt in Rußland sehr fähige, sehr gewissenhafte, sehr verantwortungsbewußte Journalisten. Und auch im nichtschlafenden Teil der westlichen Bevölkerung gibt es fähige und gewissenhafte Leute. Durch eine niveauvolle Zusammenarbeit fähiger und gewissenhafter Leute aus der deutschen und der russischen Welt ließe sich am ehesten ein Feld schaffen, durch welches die schlafende, leichtfertig schwafelnde Mehrheit nach und nach in konstruktive Bahnen findet.
Durch Anbiedern an den allgemeinen Westgeschmack wird gar nichts erreicht; außer, daß man den nicht schlafenden, denkenden Teil der Bevölkerung zurückstößt.
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Ganz fatal fällt mir in diesem Zusammenhang die Sache mit Depardieu ein. Als Putin dieses Schauspiel inszenierte, baute er, wie leicht zu sehen war, auf den westlichen Promi-Kult. Das war eine Zeit, in der die westliche Rußland-Hetze so langsam auf Touren kam; und so versuchte man denn, den westlichen Promigläubigen einen nach Rußland übergewechselten westlichen Promi vorzuführen.
Daß das nix bringt war mir – und nicht nur mir – klar; auch wenn ich nicht ahnen konnte, wie sehr das schiefgehen wird.
Mit dem Volks, das in den trüben Wassern des Promi-Kultes herumplätschert, ist eh nicht zu rechnen; die glauben ihren Medien und Politikern; und ein westlicher Promi, der nach Rußland überwechselt, ist bloß ein gefallener Promi.
Depardieu hat, wie ich aus der russischen Presse erfahren habe, Rußland wieder verlassen und lebt in Belgien. Rußland bezeichnet er als einen Schweinestall (oder sowat in der Richtung). Ob er seine Charakterlosigkeit so weit treiben wird, daß er sich den westlichen Medien für ihre Rußlandhetze zur Verfügung stellt – wird man sehen. Aber schon fast egal; auf klein wenig mehr oder weniger kommt es nicht an.
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Die Lage ist, wie gesagt, ernst; man muß sich an den Teil der Bevölkerung wenden, der fähig und bereit ist, zu denken, fähig und bereit , gemeinsam nach gangbaren Wegen zu suchen.
Anbiedern an den westlichen Geschmack über Popkultur, billige Promis, leeres Wischiwaschi bringt garantiert nix.
Rein gar nix.
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So isses.


Dienstag, Juli 19, 2016

Von der ferngesteuerten Festigung der Herdigkeit


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Vor einer Woche beantwortete ich die Frage, was Pokemon ist, spontan mit

"POlitisch Korrektes Einhorn Mit O-beineN"

Bis dahin war dieser Ausdruck mir schon mehrfach begegnet; und ich hatte nur verstanden, daß es sich um eine seuchenartig sich ausbreitende elektronikbasierte Modeströmung handelt.

Inzwischen habe ich genaueres erfahren. 

Das ist ja noch verrückter als das vermutete Einhorn mit O-Beinen! Eine Art fortschrittlicher ferngesteuerter Veitstanz iss det. Menschen werden zu Lemmingen und Drohnenschwärmen. 

Nee, bei aller Fortschrittsgläubigkeit – sowat hätt ich nicht für möglich gehalten

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Ich hatte mal eine Katze in der Nähe, die auf Lichtflecke ansprach. Mit einer einfachen Taschenlampe konnte man die wild im Kreise sich drehen lassen, die Wände hochjagen, oder sich daran erfreuen, wie sie im Zickzackkurs im Gang hin und her huscht.

Doch die Katze war noch viel zu individuell. 

Mit den Pokemonisten hat man da ganz andere Möglichkeiten. Man kann sie herdenweise ins Wasser plumpsen oder unter parkenden Autos hindurchkraxeln lassen, im Wald auf Bäume hochjagen; kann sie zum Verstopfen von Bahnhofseingängen und Parkhauseinfahrten benutzen, und vieles andere mehr. 

Was den ollen Römern die Gladiatoren waren, sind den heutigen Nichtpokemonisten die Pokemonisten

Wir leben fürwahr in fortschrittlichen Zeiten.

Das Leben ist schön.

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So isses

Montag, Juli 11, 2016

Beim Stamm der deutschen Mediengläubigen


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(für meine russischen Freunde, die mangels Deutschkenntnissen das nicht so genau studieren können, veröffentlichte ich vor ein paar Tagen in meinem russischen Blog nachfolgende Quintessenz einer zufällig zustandegekommenen Expedition zum Stamm der deutschen Mediengläubigen.  
Nunmehr denn auch in deutscher Übersetzung in meinem deutschen Blog.)


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Im Rahmen ethnologischer Studien hatte ich vor ein paar Tagen ein Gespräch mit Leuten aus dem Stamm der deutschen Mediengläubigen.

Sehr interessant war das.

Von dem realen Rußland, von der russischen Geschichte, von der Geschichte jener Randgebiete (in Russisch: Ukraine) – keinen Schimmer; doch dafür verteidigen sie mit inbrünstigem Fanatismus ihren Glauben an Putin als blutigen Diktator, an die kulturelle und wirtschaftliche Minderwertigkeit Rußlands, an die russische Aggression…

Eine dichte Wand aus selbstzufriedenem Stumpfsinn.

Da mir deutlich war, daß keinerlei Fakten, keinerlei Argumente diesen Stumpfsinn durchdringen können, sah ich davon ab, mit ihnen zu diskutieren; ja nu, amüsierte mich halt etwas, (zum Glück merkten sie nicht, daß ich mich amüsiere) und verabschiedete mich.

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Aber leid tun mit diejenigen, die dazu verdammt sind, mit diesem Stamm auf gleichem Territorium zu leben.

So isses 

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Nachbemerkung.

 Eigentlich halte ich nichts von der oben gepflogenen deftigen Ausdrucksweise und zieh es vor, die Dinge von der komischen Seite zu nehmen. 

Aber was sich dank dem Wirken dieses Stammes der Mediengläubigen und dessen Medizinmänner nun zusammenbraut und sich jeden Moment entladen kann – ist schon nicht mehr komisch. 

Gestatte mir daher, mich ungeniert direkter auszudrücken.



Montag, April 11, 2016

Im Kampf gegen Störenfriede


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Wer aus realer eigener Überschau Neues schafft (egal ob Technik, Literatur, Weltbetrachtung oder was sonst auch immer) verstößt gegen die gewohnten Alltagsvorstellungen des braven Bürgers und ist somit erst mal draußen. 

Das ist schon seit langem so.

Allerdings ist in unseren fortschrittlichsten aller Zeiten der Schutz gegen solche Störenfriede wesentlich fortschrittlicher als früher.

Als wichtiges und sehr fortschrittliches Element in diesem Schutzwall haben wir den alleinseligmachenden bürgerlichen Arbeitsbegriff, laut welchem als Arbeit nur eine solche Tätigkeit oder eine solche vorgetäuschte Tätigkeit zu bezeichnen ist, die in irgendwessen Auftrage geschieht und für die man bezahlt wird. Alles andere ist Hobby und somit nicht ernst zu nehmen. 

Und im Weiteren hat der Fortschritt, zu unser aller Besten, kulturelle Entwicklung weitgehend durch Nachahmen von kultureller Entwicklung ersetzt. Vom gewohnten Alltagsbreie Abweichendes kann unter diesen Bedingungen nur dann akzeptiert werden, wenn es sich um vom Willen zum Originellsein getragenes Operieren mit äußeren Formen handelt, ganz ohne schädlichen und gefährlichen Inhalt. Und wer gar mit Hilfe geschickter Imagemaker sich ans Schneidern von „des Kaisers neuen Kleidern“ macht – der kann es unter Umständen zu was bringen. Hauptsache, es iss nix dahinter.

Und da im Zuge dieser fortschrittlichen Entwicklung des Nachahmens von Entwicklung unsere Zeitgenossen in ihrer Mehrzahl völlig inhaltsblind wurden (manche sind ja nicht einmal mehr in der Lage, komplexere Sätze – die beim Zumausdruckbringen komplexerer Inhalte notgedrungen manchmal nötig werden – zu überschauen, geschweige denn zu verstehen) ist der Schutz perfekt.

Bei den Hitlers und Stalins wurden Leute, die durch lebendigen Inhalt Leben in die Bude bringen wollten, eingesperrt oder umgebracht. 

Solches ist heute nicht mehr nötig, da gegen das Leben, das sie reinbringen könnten, im Bewußtsein der Zeitgenossen sichere Wälle geschaffen wurden.

Mögen sie denn, unseren Fortschritt anstaunend, unbehelligt vor sich hin leben.

p.s. Zwei zeitnahe Berichte aus den Anfängen der Entwicklung unseres fortschrittlichen Schutzwalls:




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 So isses