Dienstag, März 19, 2013

Der Fall Katja Riemann

Zufällig stieß ich beim Überfliegen deutscher Schlagzeilen auf die Probleme einer Schauspielerin namens Katja Riemann, die sich in einem Interview nicht ganz so verhielt, wie ihr Publikum das wollte, und dadurch einen Vorgang auslöste, welchen man in heutigem Deutsch "Shitstrom" nennt.

Die weiter unten erwähnte gestutzte Aufzeichnung der Sendung hab ich mir bei Focus Online angeschaut. Da direktes Verlinken im fernen Deutschland mit Problemen behaftet sein kann, will ich trotz sicherer Entfernung kein Risiko eingehen und schiebe die Verantwortung auf das bekannterweise tolerante Yasni; wer will findet dortselbst unter dieser Adresse eine Linksammlung zu besagtem Thema; darunter auch das Link zu jenem Zusammenschnitt.

Also:

Die Sendung hab ich mir nicht angeschaut (schau mir sowas sonst überhaupt nicht an; wüßte nicht, wozu ich sollte); nur neugierdehalber die gestutzte Aufzeichnung. Die Frau verfügt unübersehbar über intellektuelles Potential, und die Dummheit und Banalität der Fragen irritierte sie.

Aber da sie beruflich mit Fernsehen und Umfeld zu tun hat, hätte sie doch wissen müssen, was auf sie zukommt? Nun, vielleicht wußte sie es auch, sah sich bloß aus beruflichen Gründen genötigt, es auf sich zu nehmen und wollte, sich doof stellend, die Sache irgendwie hinter sich bringen.

Und wurde dann während des Interviews von einem Anfall nicht zu überwindender Klarheit und Sachlichkeit heimgesucht.

Könnte sein. Wär möglich.

Daß die Fragen dumm und banal waren lag nicht am Interviewenden, sondern liegt, wie mir scheint, in der Natur der Sache. Solche Interviews und Talk-Shows wirken auf mich wie reine Zeitauffüllung, die weder die Beteiligten noch das Publikum weiterbringt und auch nicht darauf angelegt ist, jemanden weiterzubringen.

Was könnte man in einer solchen Situation für Fragen stellen, die real interessant sind und sich knapp und intelligent beantworten lassen?

Geht einfach nicht.

Die Ehrlichkeit, mit der sie gegen die Banalität abblockte, hätte das Publikum doch, mitsamt Interviewer, im Gegenteil als einen Lichtblick empfinden müssen: als ein Durchbrechen des mechanisierten unsinnigen Trotts?

Aber offenbar hat man sich so sehr an den Trott gewöhnt, daß man sein Durchbrechen in Richtung auf eine gesunde Normalität als Ärgernis empfindet.

Eben.

1 Kommentar:

Ernst Tirckl-Wolff hat gesagt…

Der deutsche Promi-Kult ist verbissen gründlich und von atemberaubender Dummheit; die Lautgestalt des neudeutschen Wortes "Promi" bringt diesen Hintergrund trefflich zum Ausdruck.

Auch der russische Promikult (der seine Götzen als "знаменитости" bezeichnet), zum Beispiel, ist saudumm; aber doch irgendwie lockerer und daher etwas leichter zu verkraften.

Für einen intelligenten Menschen muß es ein entsetzliches Schicksal sein, in die Mühlen des deutschen Promi-Kults zu geraten und in diesem Kindergarten als Spielzeug mißbraucht zu werden. Aushalten können sowas, wie mir scheint, nur Vollidioten.