Sonntag, März 15, 2009

Georgisches

Was man von im georgischen Alltag lebenden und leidenden Freunden und Bekannten alles so mitbekommt… Nach außen hin wirkt es derzeit sogar verhältnismäßig ruhig; doch unter dieser verhältnismäßig ruhigen Oberfläche kündigt sich, wenn man sich mit Leuten unterhält, die das alles aus der Nähe mitbekommen (und die man, um sie nicht in Lebensgefahr zu bringen, nicht einmal nennen darf) wüstestes Unheil an.

So wird zur Zeit in Georgien fleißig amnestiert; das heißt, Leute, die bisher in Gefängnissen saßen, werden freigelassen.

Was auf dem ersten Blick sehr edel ist und gut.

Wenn man aber näher hinschaut und sieht, daß es sich bei den Befreiten in allererster Linie um Kriminelle handelt, wird das, was auf dem ersten Blick als edel und gut erscheint, schon eher besorgniserregend.

Und der Gedanke kommt auf: Vielleicht hat dieses Regime wirklich keine andere Stütze mehr als die Kriminellen (der Gedanke kommt noch aus anderen Gründen auf; doch hiervon später, wenn man durch unnötiges Reden niemanden mehr in Gefahr bringt; einige der zur Zeit gefährdeten werden dann, so sie es überleben, wohl auch selber reden).

Wenn man sich schon nicht einmal mehr richtig auf die Armee verlassen kann…

Bleibt nur zu hoffen, daß in der Armee Anständigkeit und gesunder Menschenverstand vorherrscht. Wenn ja, wird die Armee im Falle eines Falles mit diesem Gesindel kurzen Prozeß machen; wenn nicht – riecht es nach Bürgerkrieg.

Ob nach allfälliger Klärung der Situation Georgien unter Russischer oder Amerikanischer Hegemonie landet scheint mir unter den obwaltenden Bedingungen eine zweit- oder drittrangige Frage. Ich selbst – und die meisten meiner Georgischen Freunde – würden eine Fortsetzung der Gemeinsamkeit mit Rußland vorziehen; menschlich, kulturell hat man sich jahrhundertelang aufeinander eingespielt, und für Amerika wird Georgien immer nur eine Kolonie sein.

Doch diese Frage ist, wie gesagt, jetzt nicht so wichtig. Wichtig ist, daß die derzeitige Situation ohne Blutvergießen überwunden wird; und hierzu braucht es angesichts der überwogenden Wirrnisse eine starke Hand; ganz egal, ob die von Moskau aus geführt wird oder von Washington aus.

Ohne Moskau oder Washington (oder noch besser: beide gemeinsam: um, wie es sich für Staatsführungen schickt, ohne eigene Machtansprüche einfach Unheil zu verhüten) ist da, glaub ich, eh nichts mehr zu machen; nach Beseitigung des gemeinsamen Feindes könnte es passieren, daß die vereinigte georgische Opposition wieder auseinanderrennt, um sich dann untereinander zu kloppen um das Recht, wer die Zukunft Georgiens zu bestimmen hat.

Äußerst unerquicklich, das Ganze.

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